Copacabana Titicacasee Bolivien
Bolivien,  Inseln,  Kultur

Copacabana, Isla del Sol und die bolivianische Seite des Titicacasees

Kulturell wie auch landschaftlich gehört Bolivien für mich zu den spannendsten Ländern Südamerikas. Die ursprüngliche und für uns oft fremdartige Lebensweise sowie die atemberaubende Naturschönheit des Altiplano machen Bolivien zu einem beeindruckenden Reiseziel und dennoch ist der kommerzielle Tourismus hier erst seit wenigen Jahren zu Hause. Neben der Salar de Uyuni im Süden des Landes, gehört heute vor allem ein Ort zu den meistfrequentierten Attraktionen Boliviens: Copacabana und die nahegelegen Isla del Sol.

Wer Copacabana hört, denkt zunächst einmal an das berühmte Viertel Rio de Janeiros. Auch wenn die beiden Orte einige tausend Kilometer trennen, haben sie jedoch eines gemeinsam: Eine herrliche Strandlage am Wasser. Im Falle des bolivianischen Copacabana handelt es sich dabei allerdings nicht um den Südatlantik, sondern um den Titicacasee. Dieser ist jedoch nicht minder interessant. Viele Jahrhunderte lang war der zwischen Peru und Bolivien gelegene See ein heiliger Ort der Inka und Heimat von Mythologie und Sagen.

Aber nicht nur Kulturinteressierte kommen auf der bolivianischen Seite des Titicacasees auf ihre Kosten. Mich hat der Landstrich zudem durch sein grandioses Licht, seine vielen kleinen Inseln und Halbinseln und seine Beschaulichkeit beeindruckt, die er sich trotz der zunehmenden Touristenzahlen erhalten hat. Ein Abstecher zur bolivianischen Seite des Titicacasees sollte bei der Planung deiner Südamerikareise also auf keinen Fall zu kurz kommen.

 

Copacabana

 

Das Städtchen Copacabana ist mit seinen knapp 6.000 Einwohnern die größte Ansiedlung am bolivianischen Teil des Titicacasees. Der Ort liegt sehr hübsch in einer Bucht und zieht sich die umliegenden Hänge hinauf. Am Sandstrand von Copacabana liegen kleine Fischer- und Ausflugsboote, es gibt zahlreiche Restaurants und eine gute touristische Infrastruktur. Als Reisender kann man sich hier also durchaus wohl fühlen.

Das Städtchen verströmt vor allem in den Sommermonaten durch die zahlreichen Reisenden ein leichtes Hippie- und Aussteigerflair. Die Menschen sitzen am Strand und genießen den herrlichen Sonnenuntergang über dem See. Spätestens wenn die Sonne weg ist, wird es allerdings empfindlich kalt. Der Titicacasee liegt auf einer Meereshöhe von knapp 3.900 Metern und dadurch musst du mit einer sehr großen Differenz der Tag- und Nachttemperaturen rechnen.

 

Bolivien Titicacasee

 

Grundsätzlich geht es in dem kleinen Copacabana aber eher beschaulich zu. Abgesehen von einer schönen weißen Kathedrale hat Copacabana keine klassischen Sehenswürdigkeiten zu bieten. Sobald man jedoch den Ort verlässt, befindet man sich mitten in einer herrlichen Idylle und kann die Schönheit der dortigen Natur so richtig genießen.

Entsprechend bleiben die meisten Reisenden auch nicht lange in Copacabana, sondern nutzen den Ort als Ausgangsbasis für einen Besuch der Isla del Sol. Hier gibt es tägliche Shuttleboote hinüber zur Sonneninsel und nach zwei Stunden Fahrt ist man angekommen. Die meisten Veranstalter bieten geführte Halb- oder Ganztagestouren zu äußerst fairen Preisen an, die du problemlos direkt vor Ort buchen kannst. Die großen Onlinebuchungsplattformen bieten sogar Tagesausflüge ab La Paz an, diese stelle ich mir jedoch in Anbetracht der Anfahrtstrecke eher anstrengend vor.

 

Anreise und Unterkunft in Copacabana

 

Copacabana liegt rund 150 Kilometer nordwestlich von La Paz und ist problemlos mit dem Bus zu erreichen. Es gibt gute Fernbusverbindungen zwischen Puno, auf der peruanischen Seite des Titicacasees und La Paz, mit einem Zwischenstopp in Copacabana. Wenn du nicht mit dem eigenen Auto unterwegs bist, ist das die beste Anreiseoption.

Zwar besteht der Plan das touristische Potenzial Copacabanas verstärkt zu nutzen und daher wurde vor einigem Jahren ein eigener Flughafen für den kleinen Ort erbaut. Dieser ist zwar mittlerweile fertiggestellt, wird bis heute (Stand 2021) jedoch noch nicht für kommerzielle Flüge genutzt. Möglicherweise ändert sich das in der Zukunft, aktuell ist eine Anreise über den Landweg aber noch die einzige Option.

Gewohnt habe ich in Copacabana im Hotel Mirador, einem großen gelben Gebäude direkt am Strand. Generell muss dir bewusst sein, dass man bei den Unterkünften in Bolivien Abstriche beim Standard machen muss. Zu viel Luxus oder Modernität darfst du hier grundsätzlich nicht erwarten, das Hotel Mirador hat aber alle notwendigen Kriterien bestens erfüllt.

Das Preis-Leistungsverhältnis ist sehr gut, die Strandlage ist top und von den Zimmern hat man einen tollen Ausblick auf den See. Zudem gibt es in der Lobby schnelles Internet und auch ein gemütliches kleines Restaurant mit gutem Essen ist dem Hotel angeschlossen. Aus meiner Erfahrung kann ich dir das Hotel Mirador also durchaus empfehlen.

 

Copacabana Bolivien

Copacabana Bolivien

 

Wanderung auf der Yampupata Halbinsel

 

Wenn du ein wenig mehr Zeit in Copacabana hast und nicht nur für einen Tagesausflug zur Isla del Sol anreist, dann kann ich dir eine Halbtageswanderung auf der Yampupata Halbinsel ans Herz legen. Hier begegnest du kaum anderen Reisenden und kannst die bolivianische Küste des Titicacasees noch in ihrem ganz ursprünglichen Zustand erleben.

Für den Start der Wanderung, die in meinem Fall Teil einer geführten Ganztagestour war, stand zunächst eine 30-minütige Bootsfahrt hinüber zur Anlegestelle des Jinchaca Campingplatzes auf dem Programm. Der Campingplatz bietet eine wenig ansprechende Toilette, die man vor der Wanderung nutzen kann, ansonsten ist er auf Grund der spärlichen Infrastruktur aber kaum als solcher zu erkennen. Am Jinchaca Campingplatz startet allerdings der Camino de Sampaya, der einmal vollständig über die Halbinsel führt.

Der Camino führt über gut ausgebaute Wege und ist ohne nennenswerte Wandererfahrung in festen Schuhen problemlos zu bewältigen. Zunächst führt der Weg ein paar hundert Meter bergauf, anschließend folgen aber keine weiteren Steigungen mehr. Bedenken solltest du lediglich, dass du dich hier auf gut 4.000 Metern Meereshöhe befindest und die Luft beim Wandern auch auf leichten Strecken schnell knapp werden kann. Eine gute Akklimatisierung im Vorfeld sowie ein langsames Tempo beim Wandern, sind auf jeden Fall zu empfehlen.

Nach dem Start am Jinchaca Campingplatz, führt der Weg zunächst zur Gruta de la Virgen de Lourdes, einer religiösen Stätte mit einer Marienfigur auf einer kleinen Anhöhe in einem großen Felsen. Noch immer finden hier religiöse Zeremonien statt und man findet zahlreiche Opfergaben in Form von Cocablättern, Blumen, aber auch sehr weltlichen Gegenständen wie Plastikflaschen an der Gruta de la Virgen de Lourdes.

Es folgt der erwähnte Anstieg hinauf auf die Höhe der Halbinsel. Für die nächsten zwei Stunden des Wanderns kannst du einen traumhaften Blick hinunter auf die zerklüftete Küste und die vielen kleinen Halbinseln des Titicacasees genießen.

 

Copacabana Bolivien Titicacasee

Sampaya Copacabana Bolivien

 

Schließlich erreichst du Sampaya, ein altes Dorf, das von Indigenen des Aymara Volksstamms bewohnt wird. In dem kleinen Ort scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Das Leben folgt in Sampaya noch ganz ursprünglichen Traditionen, es gibt hier weder Straßen noch Autos und auch fließend Wasser und Strom sind erst seit rund zehn Jahren in Sampaya verfügbar. Das Dorf besteht aus rund 200 alten, teils zerfallenen Steinhäusern, einem kleinen Friedhof und einer hübschen Kirche. Da immer mehr junge Leute das Dorf verlassen, leben heute nur noch rund 40 Familien in Sampaya. Es lohnt sich auf jeden Fall, hier einmal ausgiebig die alten Gassen zu erkunden.

Am Ende der Wanderung führt der Camino de Sampaya wieder bergab, hinunter zum Puerto Sampaya, dem kleinen Bootsanlegesteg auf der gegenüberliegenden Seite der Halbinsel Yampupata. Hier hat uns unser Boot wieder in Empfang genommen und weiter ging die Fahrt zur Isla de la Luna.

 

Isla de la Luna

 

Bisher war hier immer nur von der berühmten Isla del Sol die Rede, aber da Dualitäten und besonders Sonne und Mond im Leben der Inka von großer Bedeutung waren, gibt es natürlich auch eine Isla de la Luna im Titicacasee. Diese ist nur knapp drei Kilometer lang und damit deutlich kleiner als die bekannte Nachbarinsel. Auch finden sich hier weitaus weniger Touristen und das, obwohl die mythologische Bedeutung der Isla de la Luna ebenso groß ist, wie die der Sonneninsel.

Auf der Isla de la Luna, die auf Quechua auch Isla Koati genannt wird, soll Viracocha, der Schöpfergott der Inka den Mond aufgehen lassen haben. Außerdem ist sie das Zuhause von Mama Quila, der Göttin des Mondes und Frau des Sonnengottes Inti. Für die Inka war die Isla de la Luna also eine höchstheiliger Ort. Leider hielt dies die bolivianische Regierung in den 1940er Jahren nicht davon ab, die Mondinsel als Gefängnis für politische Gefangene zu nutzen.

Heute geht es auf der Isla de la Luna eher ruhig zu, es gibt nur Solarstrom und kein fließend Wasser. Wir hatten hier die Möglichkeit eine gute Stunde lang die Insel zu erkunden und vor allem Ruinen eines Mondtempels aus der Inka Zeit zu besichtigen. Während des ganzen Aufenthalts waren wir die einzigen Touristen soweit das Auge reicht.

 

Isla de la Luna Titicacasee

Isla de la Luna Titicacasee

 

Isla del Sol

 

Weiter ging die Fahrt schließlich zu unserem heutigen Tagesziel, der Isla del Sol. Schon beim Anlegen wurde schnell klar, dass hier der Tourismus andere Dimensionen angenommen hat. Zahlreiche andere Boote näherten sich dem Anlegesteg und fast im Gänsemarsch bewegten sich die Reisenden über einen kleinen Trampelpfad hinauf in die Hügel der Insel. Wenn du nicht mit einer geführten Tour unterwegs bist, kostet dich das Betreten der Insel erstmal 10 Bolivianos, umgerechnet rund 1,20 Euro. Bei den meisten Touranbietern ist dieser Eintritt bereits im Ausflugspreis inkludiert.

Wenig später taten wir es den vielen anderen Reisenden gleich. Rund eine Stunde dauerte die Wanderung über kleine Wege vom Seeufer hinauf zum Ort Yumani. Alle paar hundert Meter standen Einheimische und kleine Alpakas, mit denen man sich fotografieren lassen konnte und diese Pausen nutzten wir gerne. Bei einer Zielhöhe von 4.100 Metern über dem Meeresspiegel kommt beim Aufstieg jede Verschnaufpause gelegen. Zudem wurde der Blick über den See immer herrlicher, je höher man kam.

 

Isla del Sol Bolivien

Isla del Sol Bolivien

 

Kurz vor der Ankunft im Ort Yumani führte der Weg, der ansonsten eher kargen Insel, durch dichte Eukalyptuswälder und auch der Strom der Reisenden hatte sich mittlerweile zum Glück stark entzerrt. Yumani selbst ist heute das einzige von drei Dörfern auf der Isla del Sol, das für Touristen zugänglich sind. Seit einigen Jahren gibt es in den anderen Orten, im nördlichen Teil der Insel, interne Streitigkeiten über Neubauten in der Nähe von Ruinenanlagen, welche dazu geführt haben, dass bis heute nur der südliche Teil der Insel touristisch genutzt werden kann.

Die Isla del Sol ist der Sage nach der Geburtsort des Sonnengottes Inti und somit finden sich bis heute rund 80 verschiedene Ruinen von Tempelanlagen auf der ganzen Insel verteilt. Es lohnt sich also durchaus, hier etwas mehr Zeit einzuplanen und die Insel ausgiebig zu Fuß zu erkunden. Ich habe leider nur eine Nacht auf der Insel verbracht, aber gerade in den Abendstunden lohnt sich die Isla del Sol sehr. Die Tagestouristen sind verschwunden und es kehrt eine angenehme Ruhe auf der Insel ein. Man sieht wieder mehr Einheimische und kann die fantastischen Sonnenuntergänge über dem Titicacasee genießen. Was will man mehr?

 

Isla del Sol Bolivien

Isla del Sol Bolivien

 

Am nächsten Tag ging die Fahrt zurück nach Copacabana und hinunter zum Wasser führte der Weg über die Escalera del Inca, einer viele Jahrhunderte alten Steintreppe, die von Yumani hinunterreicht zu einem weiteren Bootsanlegesteg.

 

Unterkunft und Restaurants in Yumani

 

Yumani selbst besitzt genau wie der Rest der Isla del Sol, weder ausgebaute Straßen, noch Autos oder Motorräder. Das Transportmittel der Einheimischen sind Esel und diese sieht man auch in großer Anzahl schwer bepackt über die die alten Wege ziehen. Zudem gibt es am einzigen größeren Weg des Ortes, der etwas außerhalb in den Camino Norte-Sur mündet, mehrere Hostels und Restaurants.

Ich habe während meines Aufenthalts im Hostal Puerta del Sol gewohnt und vor allem der Blick, der das Hostel bietet, ist wirklich bestechend. Auch hier gilt die Devise: Erwarte keinen zu hohen Standard von den Unterkünften. Die Duschkonstruktion war meiner Ansicht nach im Hostal Puerta del Sol etwas fragwürdig – heraushängende Stromkabel in der Dusche sind nicht allzu vertrauenserweckend – jedoch entschädigt der gemütliche Speiseraum, ein gutes Frühstück und vor allem die großartige Terrasse direkt vor den Zimmern für alles. Ich würde jeder Zeit wieder im Hostal Puerta del Sol einchecken.

 

Hostal Puerta del Sol Isla del Sol

Isla del Sol Yumani Bolivien

 

Zu Abend gegessen haben wir im Restaurant Pachamama, das nur rund hundert Meter vom Hostal Puerta del Sol entfernt liegt. Hier gibt es eine gute, solide bolivianische Küche mit allerlei Klassikern wie Pique Macho und Sopa de Mani. Bei meinem Besuch war es bereits dunkel, aber bei Tageslicht bietet das Restaurant ebenfalls einen phänomenalen Blick hinunter auf den See. Es lohnt sich hier also auf jeden Fall, tagsüber auf der schönen Terrasse zu essen.

Nicht nur auf Grund seiner fantastischen Höhenlage ist ein Besuch von Yumani, der Isla del Sol und der gesamten Hügellandschaft an der bolivianischen Küste des Titicacasees ein unvergessliches Erlebnis.