zu alt um zu reisen
Kolumne,  Motivation

Über 30 – zu alt um zu reisen?

People having Babies… and I`m like, what country am I going to next?

Dieser Spruch taucht regelmäßig als Meme mit einer Weltkarte oder einem Campervan im Hintergrund in meinen Social Media Timelines auf und ja, that`s me. Sowas von.

Ich bin 33 Jahre alt und in den letzten zwei Jahren wurden in meinem Freundeskreis auf einmal Hochzeitseinladungen, Babys und Kaufverträge für Reihenhäuser zum Thema. Natürlich ist das kein Wunder, schließlich ist man mit Anfang 30 prädestiniert dafür das Privatleben in feste Bahnen zu lenken, anzukommen und die finanziellen Erträge der letzten Jahre in ein Eigenheim, Kitagebühren und den Familien SUV zu investieren. Nur was, wenn das gar nicht den eigenen Zielen entspricht?

Dass man in der Oberstufe mal ein Auslandsjahr in den USA macht, ein Jahr Au Pair in England oder ein Erasmus Semester während des Studiums, ist mittlerweile normal und gehört zum guten Lebenslauf fast so sehr dazu wie die richtigen Praktika und eine gute Abschlussnote. Wenn man aber 10 Jahre später noch immer am liebsten unterwegs ist, neue Leute kennenlernt, fremde Länder erkundet und Veränderungen feiert anstatt sie mit Skepsis zu betrachten, wird einem gerne mal wenig Verständnis entgegen gebracht. Die richtigen Ziele zur richtigen Zeit, ansonsten passt man nicht ins gesellschaftliche Bild.

Schon während meines ersten Schülerpraktikums mit 16 Jahren habe ich festgestellt, dass ich diesbezüglich anders bin, dass der klassische nine to five Job nicht mein Ding ist, dass ich mir nicht vorstellen kann ein Leben zu führen bei dem ich 40 Arbeitsjahre lang aufs Wochenende warte und für vier Wochen Jahresurlaub lebe. Damals sagte mir jeder, das sei eben normal und dass ich mich daran gewöhnen werde. Das mag für viele Leute vielleicht auch zutreffen, für mich aber nicht.

Noch heute kann ich mir diesen klassischen Lebensentwurf für mich nicht vorstellen. Ich hatte noch nie im Leben einen unbefristeten Arbeitsvertrag und ich liebe es. Eine feste Stelle würde mir die Luft zum Atmen nehmen. Ich möchte frei sein, mich ohne Probleme für neue Wohnorte und neue Jobs entscheiden können und mir bewusst Zeit für ausgiebige Reisen nehmen.

 

Lässt sich das aber mit über 30 noch umsetzen?

 

Ja, wenn man bereit ist auf ein gewisses Maß an Sicherheit und materiellen Luxus zu verzichten und damit leben kann, ab und an Gegenwind aus dem eigenen Umfeld zu bekommen. Vor allem von letzterem sollte man sich nicht abschrecken lassen, da die Leute, auf die es wirklich ankommt, einen ohnehin so nehmen wie man ist. Außerdem habe ich festgestellt, dass sich meist auch im Laufe der Zeit einige Leute mit ähnlichen Lebensvorstellungen in den eigenen Freundeskreis gesellen. Anders zu leben heißt also in keiner Form einsam sein zu müssen.

Um den Traum von ausgiebigem Reisen auch über 30 noch leben zu können, sollte man idealerweise einem Job nachgehen, der sich von überall auf der Welt ausüben lässt oder der zeitlich zumindest mit mehrmonatigen Pausen fürs Reisen zu vereinbaren ist.

Und selbst wenn man all diese Kriterien erfüllt, kann es trotzdem noch vorkommen, dass man vielleicht mal zu den Älteren im Hostel gehört oder bei Gruppenaktivitäten als einziger die Ü30 Fahne hoch hält. Aber falls einen das stört, sollte man einfach beim nächsten Mal eine andere Unterkunftsart wählen oder sich anderen Leuten anschließen. Deshalb gleich den ganzen Lebensstil in Frage zu stellen, wäre mit Sicherheit der falsche Weg.

Auch wenn es nicht meinen persönlichen Vorstellungen entspricht verurteile ich selbstverständlich niemanden, der für sich den klassischen Lebensweg wählt. Wenn du damit glücklich bist, ist das super. Es gibt nichts besseres, als wenn Menschen sich ihre Lebensträume erfüllen und wenn das zwei Kinder, ein Reihenhaus und ein Golden Retriever sind – großartig!

Ich möchte dir nur Mut machen dieses Konzept nicht einfach unhinterfragt zu leben, sondern dir Gedanken über deine eigenen Ziele und Träume zu machen und dich nicht von möglichen Skeptikern in deinem Umfeld davon abhalten zu lassen deinen eigenen Weg zu gehen. Aus vielen Kritikern spricht schließlich auch häufig der Neid darüber, dass Andere den Mut und die Freiheit haben ihre Träume zu leben und man selbst vielleicht in der Nine To Five Tretmühle festhängt.

Schlechte Phasen oder Zweifel wird es immer geben, egal wie das eigene Lebenskonzept aussieht. Keiner weiß wie er in zehn Jahren denken wird und wo die eigenen Prioritäten liegen werden. Daher ist es meiner Ansicht nach wichtig, sich im Hier und Jetzt ein Leben aufzubauen, das einen glücklich macht, auch wenn das Andere in dieser Form vielleicht nicht immer nachvollziehen können. Wenn Dein Ding also das Reisen ist, dann go for it und genieße es, egal in welchem Alter!