Reisen nach Corona
Kolumne

Wie werden wir reisen nach Covid-19? – Meine Prognose

Am 13. März 2020 ungefähr um 16:30 Uhr begann meine persönliche Corona Geschichte. Ich war zu diesem Zeitpunkt beruflich in der Schweiz und es gab an jenem Tag eine erneute Sitzung des Schweizer Bundesrats mit anschließender Pressekonferenz in der beschlossen wurde, dass mit sofortiger Wirkung alle Veranstaltungen mit mehr als einhundert Personen verboten seien.

Zugegeben, überraschend kam dieser Beschluss nicht und dennoch hat er mit einem großen Knall meine sämtlichen Pläne für das Jahr 2020 in Luft aufgelöst. Wie ihr wisst arbeite ich wechselweise in der Tourismus- und in der Unterhaltungsbranche und diese gehören leider beide zu jenen, die von der Pandemie am schlimmsten getroffen sind.

Nach der abrupten Veranstaltungssperre in der Schweiz am 13. März, bedeutete das für mich, dass ich zur Nachbearbeitung noch einige Tage vor Ort bleiben würde. Als jedoch zwei Tage später am späten Nachmittag Berichte über eine drohende Grenzschließung zu Deutschland publik wurden, habe ich kurzer Hand meine Sachen gepackt und bin mit dem nächsten Nachtbus, früher als geplant, zurück nach Köln gefahren.

Flucht vor einer drohenden Grenzschließung in Europa, wie absurd ist das? Hätte man mir das noch wenige Wochen zuvor prophezeit, hätte ich die Person mit Sicherheit ausgelacht.

Seitdem ist viel passiert. Mit mittlerweile über 3,5 Millionen nachgewiesenen Infektionen und über 250.000 Toten weltweit befinden wir uns in einer globalen Pandemie, die ich – wie die meisten von uns – zu Beginn vollkommen unterschätzt habe. Das was zunächst nach einer kleinen Verschnaufpause von der Arbeit und ein paar entspannten Wochen auf der Couch aussah, hat sich nun zu einer weltweiten Wirtschaftskrise ungekannten Ausmaßes entwickelt.

Jeder dritte Betrieb in Deutschland hat laut ARD für seine Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet und somit sind 7,5 Millionen Arbeitnehmer von reduzierten Löhnen betroffen. Zusätzlich haben sich vom März auf den April über 350.000 Leute zusätzlich arbeitslos gemeldet und dennoch sind gerade die Schwellen- und Entwicklungsländer noch viel stärker von der Krise betroffen als wir. Internationale Investoren ziehen ihr Kapital ab, es drohen ungeahnt hohe Armutsquoten, Inflationsraten und Staatspleiten. Unsere globalisierte Welt fällt uns sprichwörtlich auf die Füße.


Was heißt das für die Tourismusbranche?

Aktuell besteht eine weltweite Reisewarnung bis zum 14. Juni 2020, aber ich denke es ist uns allen klar, dass auch danach eine Normalität in der Tourismusbranche in weiter Ferne liegt.

Laut den Zahlen des WTTC (World Travel & Tourism Council) arbeiten über 10% der weltweit Beschäftigten in der Reise- und Tourismusindustrie. Die finanzielle Situation jedes zehnten Arbeitnehmers und dessen Familie, steht also in direktem Zusammenhang mit den derzeitigen Grenzschließungen, ganz zu schweigen von den vielen Menschen, die sekundär vom Tourismus leben, wie Restaurants und Shops in Tourismusregionen.

Vor allem viele Inselstaaten wie die Malediven, die Seychellen und viele Karibikstaaten sind mit teilweise über 80 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts vom Tourismus abhängig und bei einem anhaltenden weltweiten Lockdown droht hier ein unvergleichlicher wirtschaftlicher Einbruch.

Eine Branche, die in den letzten Jahren mit einem stetigen weltweiten Wachstum gesegnet war, wird innerhalb weniger Tage auf null heruntergefahren. Da ist es kein Wunder, dass aktuell rund 75 Millionen Jobs im Tourismus weltweit gefährdet sind. Und dass nicht nur der Weltwirtschaft, sondern auch uns als Reiseliebhaber keine einfachen Zeiten bevor stehen, liegt daher auf der Hand.

Ich bin weder Wirtschaftsexperte, noch Virologe und dennoch will ich dich an meiner persönlichen Prognose für den Tourismus nach der Corona Krise teilhaben lassen.


Reisen nach Corona – eine persönliche Prognose

Bereits in den letzten zwei Wochen wurden in Deutschland – wie auch in vielen anderen Ländern – die Ausgangsbeschränkungen gelockert ohne eine zum jetzigen Zeitpunkt erkennbare Verschlechterung der Infektionszahlen. Daher gehe ich davon aus, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis inländisches Reisen wieder möglich sein wird.

Gerade in den kommenden Sommermonaten werden wir – wie vor wenigen Tagen beschlossen – die Möglichkeit haben innerhalb Deutschlands eingeschränkt zu reisen. Das sollte zumindest all jenen ein bisschen helfen, die sich von ihrem eigentlich geplanten Sommerurlaub verabschieden müssen.

Einen internationalen Reiseverkehr wird es meiner Meinung nach vor Herbst 2020 nämlich nicht geben und auch hier spreche ich ausschließlich von möglichen Reisen innerhalb der EU. Davon ausgenommen könnten nach wie vor die stark betroffenen Länder wie Spanien, Italien oder Großbritannien sein. Möglicherweise können wir uns im Herbst aber immerhin wieder auf touristische Reisen zwischen infektionsarmen beziehungsweise infektionsfreien EU-Staaten freuen.

Der Zeitpunkt an dem wir wieder frei und unbeschwert interkontinental reisen werden liegt meiner Einschätzung nach – und zu meinem großen Bedauern – aber noch in sehr weiter Ferne. Gerade Regionen wie Afrika, Südostasien oder Lateinamerika sind uns zeitlich in der Entwicklung der Pandemie einige Wochen hinterher. Es ist also damit zu rechnen, dass diese Regionen ihren Höhepunkt der Infektionszahlen erst vor sich haben.

Viele dieser Länder haben ein schlechtes Gesundheitssystem und daher ist dort mit noch viel höheren Todeszahlen zu rechnen als in Deutschland und die Eindämmung der Pandemie wird noch eine viel größere Herausforderung für die dortige Politik darstellen. Argentinien hat bereits jetzt sämtliche kommerziellen Flüge bis zum ersten September eingestellt.

Mit einer Rückkehr zu einer interkontinentalen Reisenormalität, wie wir sie bis Ende 2019 kannten, ist meiner Ansicht nach in den nächsten ein bis zwei Jahren nicht zu rechnen. Bevor es keinen zuverlässigen Impfstoff gibt, der in allen Ländern großflächig und erschwinglich verfügbar ist, kann es keine touristische Reisefreiheit geben.

Dieses Szenario würde allerdings einer Vernichtung der weltweiten touristischen Infrastruktur gleichkommen und daher rechne ich persönlich mit einer Zwischenlösung. Möglicherweise wird es einen Immunitätsausweis geben, der Menschen, die bereits infiziert waren befähigt zu reisen? Auch hier könnte es Abkommen über eine vorzeitige Reisefreiheit zwischen einzelnen infektionsfreien Ländern geben? Wir wissen es nicht.

Klar ist jedoch: Die Zeiten des uneingeschränkten weltweiten Reisens dürften erst einmal vorbei sein.


Negative Auswirkungen für Reisende

Neben der generellen Tatsache, dass wir noch längere Zeit auf das Entdecken ferner Länder verzichten müssen, hat die Corona Krise auch einige handfeste negative Konsequenzen für unsere zukünftigen Reisetätigkeiten, die ich dir hier einmal zusammenfassend darstellen will.

  • Viele Reiseveranstalter und Hotels werden pleite gehen

So schlimm es vor allem für die Inhaber und Mitarbeiter der einzelnen Unternehmen ist, so sehr müssen aber auch wir als Reisende uns darauf einstellen, dass es möglicherweise einige unserer Lieblingsunterkünfte oder bevorzugten Reiseanbieter bald nicht mehr geben wird. Nicht erst seit der Pleite von Thomas Cook weiß man, wie verwundbar selbst große Veranstalter sind und daher ist fest davon auszugehen, dass eine hohe Zahl an Tourismusunternehmen die Krise nicht überstehen wird.

  • Kreuzfahrten werden für lange Zeit nicht stattfinden

Auch wenn die gesamte Reisebranche einen schweren Kampf vor sich hat, so hat es die Kreuzfahrtindustrie in meinen Augen am schlimmsten getroffen. Hier sind, je nach Schiff, zwischen 2000 und 8000 Menschen auf engstem Raum gemeinsam untergebracht. Social Distancing wäre nur denkbar, wenn man ein Schiff mit einer Kapazität von beispielsweise 3000 Gästen nur mit 700 Gästen belegen würde und dies wäre für keine der Reedereien wirtschaftlich tragbar.

Zudem werden bei einer Kreuzfahrt mehrere Tausend Menschen jeweils für einen Tag in einem Hafen ausgespuckt und wenige Stunden später wieder eingesammelt. Dies passiert allein während einer Reise an vielen verschiedenen Häfen in vielen verschiedenen Ländern. Bei jedem Landgang könnten sich Passagiere und Crewmitglieder infizieren und die Infektion direkt in den nächsten Hafen tragen.

Ich gehe daher leider davon aus, dass wir noch mindestens ein Jahr lang auf Kreuzfahrten verzichten müssen und welche Veranstalter sich über einen so langen Zeitraum halten können, bleibt abzuwarten.

  • Die Kriminalitätsrate wird in vielen Ländern steigen

Wie bereits erwähnt, sind besonders die weniger privilegierten Länder stark von den Auswirkungen der Corona Krise getroffen und die Armut in den Entwicklungs- und Schwellenländer wird ansteigen. Armut und Perspektivlosigkeit führt bekanntermaßen zu einem Anstieg der Kriminalstatistik und daher müssen wir uns meiner Ansicht nach darauf einstellen, dass Delikte wie Taschendiebstähle und Überfälle auf Touristen in vielen Ländern zunehmen werden.

  • Ungewöhnliche Reiseländer werden keine Touristen mehr zulassen

Ich kann mir gut vorstellen, dass Länder wie Nordkorea, Turkmenistan oder einige Südseestaaten für die es in den letzten Jahren generell schon schwierig war ein Visum zu beziehen, ihre Grenzen für Touristen erst einmal geschlossen halten werden.

Die meisten dieser Länder haben bisher keinerlei Fälle von Covid-19 – oder haben diese zumindest nicht offiziell angegeben – und daher gehe ich davon aus, dass die meisten Regierungen erst mal auf unbestimmte Zeit keine Ausländer mehr ins Land lassen werden.


Positive Auswirkungen für Reisende

Es mag erst mal absurd erscheinen, wenn man von positiven Effekten der Covid-19 Pandemie auf die Reisebranche spricht, schließlich liegen die vielen verheerenden Konsequenzen klar auf der Hand. Dennoch bin ich der Meinung, dass man in jeder Situation auch das ein oder andere Licht am Horizont sehen sollte und daher kommen hier ein paar positive Gedanken.

  • Gute Stornierungs- und Umbuchungsmöglichkeiten

Wer aktuell eine Reise gebucht hat und diese krisenbedingt nicht antreten kann, hat zumeist so gute Abwicklungsoptionen wie noch nie. Egal ob Rückerstattung des Geldes, kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten oder Gutscheinvergabe, die Reiseveranstalter sind äußerst kulant. Pauschalreisen werden in der Regel komplett erstattet, aber auch Airlines und Hotelplattformen zeigen sich hier äußerst kooperativ und ich gehe davon aus, dass die Verbesserung der allgemeinen Stornierungsoptionen uns auch nach der Corona Krise noch länger erhalten bleiben wird um die Kunden wieder zum Reisen zu bewegen.

  • Es warten Reiseschnäppchen aller Art

Um die schwer angeschlagene Tourismuswirtschaft wieder auf die Beine zu bringen, werden uns Airlines und Reiseveranstalter aller Art mit Schnäppchenangeboten locken. Viele Menschen werden nach der aktuellen Wirtschaftskrise nicht mehr die finanziellen Mittel für kostspielige Reisen haben und aus diesem Grund können wir für die ersten Monate nach der Krise mit tollen Angeboten rechnen.

  • Die Umwelt erholt sich

Weltweit ist der Flugverkehr um über 66 Prozent zurück gegangen, in Deutschland um sagenhafte 97 Prozent. Kreuzfahrtschiffe verkehren nicht mehr, der internationale Handel ist stark eingeschränkt und auf Grund des weltweiten Lockdowns sind weit aus weniger Autos auf den Straßen. In vielen Staaten hat sich der CO² Ausstoß im April 2020 verglichen mit der Situation zuvor um rund 40% reduziert und die Luftqualität in vielen Metropolen hat sich drastisch verbessert.

Natürlich wäre es vorschnell zu glauben, dass sich die Klimakrise so kurzfristig und einfach lösen lässt, dennoch bietet die jetzige Situation uns eine kleine Vorschau was mit dem nötigen politischen, wirtschaftlichen und privaten Engagement möglich wäre. Und selbst wenn diese Entwicklung sehr wahrscheinlich nicht von Dauer sein wird, gibt die Coronakrise der Erde einen Moment lang die Möglichkeit aufzuatmen.

  • Rückgang des Massentourismus und mehr Nachhaltigkeit

Dies wäre bei weitem die schönste Vision für eine Reisezukunft nach Covid-19. Die meisten Länder werden alles dafür tun um keine zweite Infektionswelle zu riskieren und daher ist es gut vorstellbar, dass die Zeiten in denen tausende Touristen an einem Tag an den Sightseeing Hotspots der Welt versammelt sind, der Vergangenheit angehören.

Ich rechne mit strikteren Zugangsbeschränkungen, reduzierten Gruppengrößen und einer insgesamt kleineren, aber nachhaltigeren Tourismusindustrie. Hoffen wir, dass diese Zeiten bald kommen.


Last but not least… wie wird es hier weitergehen?

Auch ich habe natürlich derzeit keine Möglichkeit neue Reiseziele zu erkunden und dir davon zu berichten, allerdings bedeutet das nicht, dass der Blog stillstehen wird. Ich habe noch viele Reisestorys und Tipps für alle möglichen Destinationen aus meinen Reisen der letzten Monate in der Hinterhand, die ich dir jetzt nach und nach zur Verfügung stellen werde.

Gerade in der aktuellen Situation ist es wichtig positiv zu bleiben und deshalb wirst du hier auch weiterhin die Möglichkeit haben dich inspirieren zu lassen und deine Reiseträume für die Zeit nach der Krise zu planen. Denn diese Zeit wird kommen. Ganz sicher.