Huskies, Rentiere und Wintertraum in Finnisch Lappland
Nur drei Tage habe ich im winterlichen Norden Finnlands am Inarisee verbracht und doch gehört diese Kurzreise für mich zu den Schönsten überhaupt. Die Kälte, der tiefe Schnee, vereiste Bäume und das Dämmerlicht im Januar machen einen Aufenthalt in den Polarregionen wirklich einzigartig. Ich fühle mich grundsätzlich in den kühlen Regionen der Welt sehr wohl, aber der Aufenthalt im kalten Norden Europas im Januar, war auch für mich etwas ganz Besonderes.
Die touristische Infrastruktur im nördlichen Lappland beschränkt sich auf wenige einfache Hotels in den größeren Ansiedlungen, mietbare Ferienhäuschen in der Natur und das ein oder andere luxuriöse Hotel, welches sich auf den Nordlichttourismus spezialisiert hat. Mit dem Nellim Wilderness Hotel, habe ich mich für Letzteres entschieden. Besonders da auch Supermärkte und Gastronomie im nördlichen Finnland rar gesät sind, kann ich dir eine solche Unterkunft mit Vollverpflegung nur ans Herz legen.
Wenn du gerne in der Natur bist und Kälte nicht scheust, bin ich mir sicher, dass ein Kurzurlaub im winterlichen Lappland genau das Richtige für dich ist. Zwar sind die Preise – wie überall in Skandinavien – überdurchschnittlich hoch, aber ich verspreche dir, dass sich diese Investition lohnen wird. Was genau kannst du also im hohen Norden erleben und was solltest du für deine Planung wissen? Das schauen wir uns jetzt einmal genauer an.
Anreise nach Nellim
Das Nellim Wilderness Hotel liegt im kleinen Ort Nellim, am östlichen Ufer des Inarisees, nur fünf Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Öffentliche Verkehrsmittel und Mietwagenverleiher wirst du hier vergeblich suchen. Das ist noch ein Grund mehr, weshalb du in einem Hotel mit zusätzlichen Leistungen, wie dem Wilderness Hotel, in dieser Region gut aufgehoben bist.
Das Hotel bietet einen kostenfreien Transfer mit einem Kleinbus vom Flughafen Ivalo nach Nellim. Die Fahrt führt über verschneite Schotterpisten durch dichten Fichtenwald und dauert rund 50 Minuten. Ivalo ist mit seinen rund 3.400 Einwohnern das urbane Zentrum der Region und verfügt über den einzigen Flughafen im Radius von 300 Kilometern.
Direktflüge von Deutschland nach Ivalo gibt es nicht. Du musst in jedem Fall in Helsinki umsteigen. Von Helsinki bietet Finnair aber tägliche Flüge nach Ivalo und bei frühzeitiger Buchung kostet dich ein einfacher Flug von Deutschland nach Ivalo rund 150 Euro pro Strecke und Person.
Klima im Norden Lapplands
Im Norden Skandinaviens ist es kalt, damit erzähle ich dir vermutlich nichts neues. Im Dezember und Januar ist eine geschlossene Schneedecke (noch) garantiert und auch Polarlichter wirst du zu dieser Jahreszeit mit hoher Wahrscheinlichkeit beobachten können. Um dieses Winter Wonderland erleben zu können, musst du dich allerdings auf eisige Temperaturen einstellen.
Die normalen Temperaturen am Inarisee im Januar liegen zwischen -5 und -25°C. Auf Grund des Klimawandels wird hier in den kommenden Jahren mit Sicherheit auch wärmeres Wetter zu erwarten sein, aktuell kann das Thermometer an den kältesten Tagen im Jahr aber auch auf -35°C fallen. Während meines dreitägigen Aufenthalts lagen die Temperaturen ganztägig bei rund -16 bis -20°C.
Die Temperaturen sind 24 Stunden lang recht unverändert, da es in Nellim im Januar nie wirklich Tag wird. Zwar erhellt zwischen 10:00 und 15:00 Uhr ein Dämmerlicht den Himmel, die Sonne schafft es aber nie über den Horizont. Diese konstante Dunkelheit, fast 300 Kilometer nördlich des Polarkreises, ist für uns Mitteleuropäer ein zusätzliches Erlebnis, die das Nordlandabenteuer noch einzigartiger macht.
Nellim Wilderness Hotel
Das Nellim Wilderness Hotel bietet ein rundum perfektes Wintererlebnis im hohen Norden. Der familiengeführte Betrieb, ist Teil von vier zusammengehörenden Hotels im nördlichen Lappland. Auch die Wilderness Hotels in Nangu, Inari und Muotka gehören der finnischen Familie Lappalainen und bietet einen allumfassenden Komfort.
Das Hotel in Nellim besteht aus mehreren separaten Blockhäusern, einem Rezeptions- und Restaurantgebäude sowie einem Souvenirshop. Die Hauptgebäude sind extrem gemütlich und stimmungsvoll eingerichtet, mit viel Holz, Rentierfellen und indirektem Licht. Alle Mitarbeiter sind meiner Erfahrung nach äußerst freundlich und sprechen fließend Englisch.
Alle drei täglichen Mahlzeiten werden in Form eines umfangreichen Buffets im Hauptgebäude serviert. Lokale Spezialitäten und internationale Küche sind hier gleichermaßen zu finden. Eine klassische All Inclusive Atmosphäre hat man trotz Buffetrestaurant aber ganz und gar nicht zu befürchten. Die Räumlichkeiten sind äußerst ansprechend und die Speisen von top Qualität.
In Sachen Unterbringung bietet das Nellim Wilderness Hotel verschiedene Zimmerkategorien an. Diese reichen von klassischen Hotelzimmern, über eigenständige Blockhütten mit persönlicher Sauna und Iglus mit Glasdach zur Beobachtung der Polarlichter. Auch große Holzhäuser für bis zu acht Personen sind buchbar. Wir haben in einer Blockhütte mit Sauna gewohnt und haben uns dort extrem wohl gefühlt.
Außerdem bietet das Nellim Wilderness Hotel komplette Buchungspakete an mit einer Aufenthaltsdauer von drei bis sechs Übernachtungen. Diese haben den Vorteil, dass hier bereits viele Einzelleistungen inkludiert sind, die du andernfalls separat zusammenstellen musst. Auch einen kleinen finanziellen Vorteil bieten diese Pakete, allerdings ist dieser nicht groß genug um wirklich ausschlaggebend zu sein.
In allen Buchungspaketen ist Folgendes inkludiert:
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- Unterkunft in der gewünschten Kategorie
- Vollpension mit drei Mahlzeiten täglich
- Transfer vom und zum Flughafen Ivalo
- Ausgewählte Aktivitäten
- Warmer Winteroverall, Handschuhe und Schneeschuhe
Die in den Paketen angegebenen Aktivitäten kannst meiner Erfahrung nach, jedoch deinen Vorstellungen nach austauschen oder anpassen. Die Pakete mit drei Übernachtungen starten bei einem Preis von 1.050,- Euro pro Person in der niedrigsten Unterkunftskategorie. Flüge sind separat zu buchen.
Aktivitäten im Nellim Wilderness Hotel
Alle Unternehmungen, die das Hotel bietet, führen dich hinaus in die unberührte Natur Finnisch Lapplands und dauern ungefähr einen halben Tag. Das Angebot reicht von Hundeschlittenfahrten über Schneeschuhwanderungen, Schneemobiltouren, Eisfischen, Polarlichtbeobachtungstouren bis hin zum Besuch einer Rentierfarm und Skilanglauf. Bei separater Buchung kosten die Ausflüge pro Person zwischen 70 und 190 Euro. Meine drei liebsten Aktivitäten waren die Folgenden:
Husky Schlittenfahrt
Diesen Ausflug darfst du dir auf gar keinen Fall entgehen lassen! Immer zu zweit bekommt man einen Schlitten mit fünf Hunden zugewiesen und steuert diesen nach einer kurzen Einweisung vollständig selbst. Da immer nur eine Person zur Steuerung des Schlittens notwendig ist, kann man sich hier also abwechseln: Einer lässt sich ziehen und der andere lenkt den Schlitten.
Es dauert ein paar Minuten, bis man ein Gefühl für die Hunde und den Schlitten entwickelt, wie man sicher steht und wie sensibel die Bremse reagiert. Sobald man den Dreh raus hat, ist die Schlittenfahrt aber ein Wahnsinnsspaß!
Eine Gruppe besteht gerne aus fünf oder sechs Schlitten und der Guide fährt voraus. Üblicherweise folgen die Hunde dann ohne große Probleme dem ersten Schlitten. Als Schlittenführer besteht die größte Herausforderung darin, das Temperament der Tiere zu zügeln. Sie sind so aktiv und haben so einen Spaß am Rennen, dass man teilweise mit ganzer Kraft auf der Bremse stehen muss um den Schlitten in der Bahn zu halten. Aber das mindert das Vergnügen kein bisschen.
So geht die Fahrt also für ungefähr zwei Stunden in der Dämmerung durch verschneite Wälder und über den zugefrorenen Inarisee. Immer wieder wird kurz angehalten, damit alle Schlitten aufschließen können und man hat die Möglichkeit Fotos zu machen und die Positionen zu tauschen.
Die Fahrt endet schließlich an der Huskyfarm. Hier bekommt man einen heißen Tee und kann noch ein bisschen mit den Hunden spielen. Die fleißigen Läufer bekommen ihr Fressen und lassen sich durchkraulen. Die jungen und noch nicht schlittentauglichen Hunde werden in großen Außengehegen gehalten. Wir hatten hier unheimlich viel Spaß und konnten uns trotz kalter Finger kaum von den tollen Tieren lösen!
Besuch einer Rentierfarm
Rentiere sind in Lappland allgegenwärtig. Sie leben im Sommer frei in den Wäldern und werden im Herbst wieder von ihren Besitzern eingefangen und überwintern auf der Farm. Ihr Fleisch und ihre Milch dienen traditionell als Eiweißquelle, ihre Felle werden für Kleidung und Decken genutzt und selbst ihre Knochen wurden früher zu Werkzeugen verarbeitet. Auch heute noch ist das Rentier von den Samen Völkern Finnisch Lapplands nicht wegzudenken.
Mit motorisierten Schneemobilen wird man zu einer nahegelegenen Rentierfarm gefahren. Diese wird seit Jahrzehnten von einer Samen Familie geführt und ein Familienmitglied empfängt uns bei Ankunft. Dann geht es direkt zu den Rentieren. Die putzigen Paarhufer beeindrucken durch ihr schönes dichtes Fell, die großen Füße und beeindruckende Geweihe. Wenn man möchte, bekommt man getrocknetes Futter in die Hand und darf die Rentiere füttern. Ein echtes Highlight!
Anschließend kann man sich in einer kleinen Hütte am offenen Feuer bei einem Tee oder einer heißen Schokolade aufwärmen. Dazu bekommt man von einem Mitglied der Familie viele interessante Infos zu den Tieren, deren Haltung und den Traditionen der Samen. So halten sie die im Sommer wildlebenden Tiere beispielsweise anhand ihrer Ohren auseinander. Jeder Besitzer hat ein bestimmtes Muster, wie er die Ohren seiner Tiere markiert und so können sie im Herbst wieder der richtigen Farm zugeordnet werden. Spannend!
Frisch aufgewärmt darf man sich schließlich draußen noch daran versuchen mit der perfekten Lassotechnik ein Holzrentier einzufangen. Selbst bei einem nicht beweglichen Objekt, ist die richtige Wurftechnik aber eine Herausforderung. Nach ungefähr zwei Stunden geht es dann zurück zum Hotel.
Schneeschuhwanderung bei Nacht
Nach dem Abendessen trifft man sich am Souvenirshop und bekommt die passenden Schneeschuhe und Stöcke für die Tour ausgehändigt. In einer Kleingruppe geht es anschließend bei völliger Dunkelheit durch den tiefen Schnee abseits der Pfade hinein in den dichten Wald.
Das klingt nach einer Herausforderung und das ist es zu Beginn auch. Trotz ortskundigen Guides, fühlt es sich in den ersten Minuten sehr merkwürdig an, bei völliger Finsternis ohne Lampen querfeldein durch den Wald zu laufen. Zu Beginn ist es im wahrsten Sinne des Wortes ein Blindflug, aber schließlich gewöhnen sich die Augen an die Dunkelheit und man erkennt mehr als man glaubt. Der nordische Sternenhimmel ist bei völliger Finsternis nämlich mehr als atemberaubend!
Nach einer Stunde Wanderung durch den tiefen Schnee erreicht man ein kleines Camp mit einer Feuerstelle auf einer Anhöhe. Hier wird Tee gekocht und man kann sich am Feuer ein wenig aufwärmen. Parallel kann man idealerweise bei klarem Himmel die tanzenden Nordlichter beobachten. Nach einer halben Stunde dringt die Kälte trotz Lagerfeuer durch alle Poren und man freut sich erneut auf Bewegung. Zurück geht es anschließend auf dem gleichen Weg. Gegen 23:00 Uhr kommt man gut durchblutet und mit unvergesslichen Eindrücken wieder am Hotel an.
Wissenswertes für die Beobachtung von Polarlichtern
Auch auf die Gefahr hin, dich an dieser Stelle gleich zu desillusionieren: Nordlichter sehen in der Realität nicht so aus wie auf YouTube. Warum ist das so? Zum einen sind Polarlichter in Naturdokumentationen nahezu immer mit Zeitraffer gefilmt. Das bedeutet, dass sie sich in der Realität längst nicht so schnell bewegen wie im Film. Außerdem wird die grüne Farbe der Nordlichter durch die Kameralinse verstärkt. Je nach tagesaktueller Intensität, wirst du also mit bloßem Auge sehr wahrscheinlich nicht die gleichen kräftigen Farben wahrnehmen wie im Fernsehen.
Ich hatte während meines Aufenthalts das Glück, an zwei Abenden Polarlichter zu sehen, allerdings waren diese eher von geringer Intensität und sahen daher mit bloßem Auge weiß aus. Für mich sah die Aurora Borealis eher aus wie weiße, leuchtende Schleierwolken, die sich langsam über den Himmel ziehen. In Ermangelung eines Stativs und entsprechend sensiblen Kameraobjektivs, kann ich dir leider keine fotografischen Beweise meiner Polarlichtsichtung liefern.
Grundsätzlich ist es bei deinem Aufenthalt in Lappland sinnvoll einen Kompass dabei zu haben, oder dich zu erkundigen, wo Norden ist. Nur in dieser Richtung kannst du auf Polarlichter hoffen und es ist daher wichtig einen Punkt aufzusuchen, der dir freie Sicht in diese Himmelsrichtung bietet. Das Nellim Wilderness Hotel bietet dir außerdem den Service, dich bei ausreichender Aurora Aktivität telefonisch zu wecken.
Im Übrigen gibt es zahlreiche Apps, wie etwa Meine Polarlicht-Vorhersage, die dir für deinen Standort die erwartete Polarlicht Intensität vorhersagen. Diese wird mit Hilfe des KP-Index angezeigt, einem Gradmesser für solare Teilchenstrahlung und liefert dir damit eine Einteilung von 1 (kaum Aktivität) bis 10 (extrem hohe Aktivität).
Was gibt es noch zu tun in Nellim?
Das ist schnell beantwortet: Nix. Nellim besteht gefühlt aus fünf Häusern, hat keinen einzigen Laden, geschweige denn Gastronomie. Schräg gegenüber der Einfahrt zum Hotel, findest du nach einem dreiminütigen Spaziergang einen Bootsanlegesteg am Ufer des zugefrorenen Inarisees. Mögliche eingefrorene Boote bieten ein interessantes Fotomotiv. Außerdem blickst du von diesem Anlegesteg auf den See hinaus direkt nach Norden. Wenn du auch abseits der geführten Touren auf Polarlichtjagd gehen willst, ist das der optimale Spot für dich.
Sehenswert ist außerdem die kleine orthodoxe Kirche mitten im Wald. Mithilfe von Google Maps findest du die Kirche problemlos selbst. Allerdings ist sie üblicherweise abgeschlossen. Wenn du über das Wilderness Hotel einen Besuch auf der Rentierfarm buchst, wird außerdem ein kurzer Stopp an der orthodoxen Kirche eingelegt. Der Guide hat einen Schlüssel und auf diese Weise kannst du auch das Innere der hübschen kleinen Holzkirche besichtigen.
Was du mitnehmen solltest nach Lappland
Wie du bereits weißt, musst du in Nellim zuweilen mit sehr kalten Temperaturen rechnen. Auch wenn dir das Wilderness Hotel einen warmen Overall, dicke Handschuhe und wasserdichte Schneeschuhe für deinen Aufenthalt zur Verfügung stellt, heißt das nicht, dass du damit kleidungstechnisch vollständig ausgestattet bist.
Auch unter dem sehr hilfreichen Overall solltest du auf den Schichtlook setzen. Ich hatte meist unter dem Schneeoverall eine dicke Leggings und darüber eine isolierte Wanderhose an. Oben trug ich ein hautenges Thermounterhemd, eine langärmeliges enges Oberteil und darüber ein bis zwei Fleecejacken. Auch persönliche dünnere Handschuhe zum drunter ziehen, ein dicker Schal und eine Mütze, sollten auf jeden Fall auf deiner Packliste stehen.
Mit der vollen Ausstattung wirst du zwar aussehen wie ein Michelin Männchen, aber ich verspreche dir, du wirst froh daran sein und das sage ich als jemand, der eigentlich nie friert. Besonders mit dem Fahrtwind auf dem Hundeschlitten und bei längerer Inaktivität im Freien (zum Beispiel beim Warten auf das Polarlicht), kann die Kälte durchaus beißend werden.
Was du bei einem Besuch des Nellim Wilderness Hotel hingegen zuhause lassen kannst, sind dicke Winterschuhe. Ich hatte während meines Aufenthalts ausschließlich die vom Hotel gestellten Schneeschuhe an und gemeinsam mit dicken Socken, haben diese optimal warmgehalten.